2.1.2014

lieber w.k.,

ihre reaktion vom 17.11.13 hat mich total berührt. als erwachsener erging es mir genauso wie ihnen. sobald eine frau mir ihre sympathie zeigte, war das für mich eine aufforderung, mit ihr ins bett zu gehen. natürlich lief ich mit meinem zwanghaften verhalten offene türen bei den frauen ein. auch ich fühlte mich anschließend ausgenutzt bzw. missbraucht. aber erzählen sie das einmal einem normalen menschen. der hält sie für völlig verrückt. wie kann das einem mann passieren? wir beide sind ein beispiel, wie es doch passieren kann. es gibt bestimmt noch viele andere männer.

lieben gruß

g.l.

 

7. 1. 2014

Lieber Herr Dressel,

Hoffen und Bangen, das waren meine Lebensmaximen als Kind. Meine Eltern versprachen mir so oft, sich mehr um mich zu kümmern. Sie kümmerten sich aber nicht mehr um mich. Eigentlich war es wie immer. Die leeren Versprechungen schürten Hoffnungen in mir auf eine verbesserte Beziehung zu meinen Eltern. Es besserte sich aber nichts. Ich fühlte mich verlassen und leer. Irgendwie wiederholt sich das bei meinen Partnerinnen. Am Anfang bin ich Feuer und Flamme und dann geht es ab einem Punkt einfach nicht weiter. Ich fühle mich innerlich getrennt von ihnen. Die Trennung ist wie vorprogrammiert. Eine ewige Wiederholung. Mir erscheint es, als ob ich selbst an dieser Wiederholung durch mein Verhalten beitrage. Was kann ich tun, damit mich meine Kindheitserfahrungen nicht ständig einholen.

Herzlichen Gruß

U.G.

MD: Sie scheinen schon sehr viel zu durchschauen. Dennoch fragen Sie mich, wie Sie den Teufelskreis der ewigen Wiederholung durchbrechen können. Es liegt im Wesen einer Wiederholung, dass sie fast gleich wie einst in der Kindheit abläuft. Es werden demnach exakt die Beziehungsmuster wiederholt, wo am Ende das Verlassensein vom geliebten Menschen steht.

 

Sie sprechen von Versprechungen, die nicht eingehalten wurden. Die Versprechungen führten zur Hoffnung auf ein glückliches Leben gemeinsam mit Ihren Eltern. Sie müssen sich deshalb gefühlsmäßig in das Kind versetzen, mit dessen Hoffnungen leichtfertig umgegangen wurde. Was ist damals passiert und was passiert heute mit Ihren Partnerinnen? Ich kann Ihnen nur diese Vorgehensweise anbieten, damit sie vielleicht merken, was damals die Beziehung zu Ihren Eltern trübte und jetzt die Beziehungen zu Ihren Partnerinnen trübt. Sie wollen ja nicht mehr von dem Muster beherrscht werden, das einst in Ihrer Kindheit vorherrschte. Wenn sie das Muster durchschauen, dann können sie sich auch von ihm lösen. Höchstwahrscheinlich geht es um die leeren Versprechungen. Sie dürfen dabei allerdings nicht übersehen, dass die von Ihnen empfundene Trennung schon vor den elterlichen Versprechungen bestanden haben musste, sonst wären diese begreiflicherweise überflüssig gewesen. Mit den Versprechungen ihrer Eltern erschien es Ihnen, als ob die Trennung endlich aufgehoben werden würde. Doch die Versprechungen offenbarten sich als leer, weswegen die Trennung weiter fortbestand. Die Beziehung zu Ihren Eltern konnte sich insofern nicht verbessern, im Gegenteil sie verschlechterte sich. Wenn Sie heute eine Frau kennenlernen, von der Sie total begeistert sind, dann werden in Ihnen wieder die Hoffnungen aus Ihrer Kindheit wach. Vergewissern Sie sich, ob Sie wirklich von ihr total begeistert sind, oder ob es vielleicht etwas gibt, was Sie von ihr abstößt bzw. trennt. Versprechen Sie womöglich etwas, was Sie nicht einhalten können? Geht die Frau auf Ihre nicht einhaltbaren Versprechungen ein und erwidert ihrerseits darauf welche, die sie auch nicht einhalten kann? Auf diese Weise entfernen sie sich unbemerkt immer weiter voneinander.