„Fortgespülte Menschlichkeit“


Der leblose kleine syrische Junge steht stellvertretend für die vielen toten Flüchtlinge, die im Gegensatz zu ihm für immer unbemerkt im Meer verschwunden sind. Doch ausgerechnet dieser kleine Junge wurde leblos, für jedermann sichtbar, ans Land gespült. Dieser Anblick hat selbst die eingefrorensten Menschen aufgetaut und unmissverständlich auf das fürchterliche Elend der Flüchtlinge aufmerksam gemacht. Dennoch wurde ernsthaft darüber diskutiert, ob man den leblosen syrischen Jungen öffentlich zeigen dürfe. Den Eingefrorenen muss es ein sehr großes Unbehagen bereitet haben, plötzlich mit den grausamen Fakten konfrontiert zu werden, weshalb sie sich nicht mehr so einfach in ihrer schönen Scheinwelt verschanzen können. Ihnen wäre es offenbar viel lieber gewesen, wenn der kleine Junge niemals ans Land gespült worden wäre. Während viele Flüchtlinge weiterhin unbemerkt im Meer verschwinden, zergrübeln sich die Eingefrorenen den Kopf darüber, wie man sich am besten vor ihnen abschotten könnte. Vor allem die christlichen Politiker unseres Landes sind bislang als Fürsprecher dieser Abschottung aufgefallen. Sie werden mit großer Mehrheit gewählt und ihre Arbeit wird sogar als ausgezeichnet bewertet. Wie kann es sein, dass ein Großteil unserer Bevölkerung gegenüber Menschen, die sich in akuter Lebensgefahr befinden, so verblüffend gleichgültig ist? Unsere Bundeskanzlerin verkörpert als unsägliches Beispiel diese Gleichgültigkeit vollkommen. Für sie ist jetzt schon ihre Wiederwahl abgemachte Sache, womit sie ihren politischen Ziehvater, was die Regierungsdauer anbelangt, übertrumpfen würde. Das scheint ein sehr großer Antrieb für ihre politische Arbeit zu sein. Ihr Kabinett besteht bezeichnenderweise ausschließlich aus willfährigen Lakaien. Mich beschämt es zutiefst, dass mein Land sich von solchen superangepassten, gefühlspervertierten Menschen repräsentieren lässt. Sie sind buchstäblich das lebendige Abbild der „fortgespülten Menschlichkeit“!


© Michael Dressel, 4.9.2015

 
Wie ich heute, 5.9.15, erfahren habe, gibt es Menschen unter uns, die in Anspielung auf den kleinen toten syrischen Jungen mit beängstigender Gleichgültigkeit poltern, sie trauerten nicht um tote Flüchtlinge, sondern feierten stattdessen deren Tod. Nur ein toter Flüchtling sei zu wenig. Das Meer habe schon mehr geschluckt. Diese Menschen verkörpern eins zu eins die verheerenden Erziehungsschäden, die sie durch ihre Eltern erleiden mussten. Fatalerweise sind sie nun im Frontallappen des Gehirns dermaßen geschädigt, als sie zu keinerlei Mitgefühl mehr fähig sind. Sie stellen deshalb eine große Gefahr für ihre Mitmenschen dar.