Leserbrief an die Weltwoche Zürich vom 21.2.2005

guten tag,

ich kannte ihr blatt bis heute nicht. es fiel mir heute auf aufgrund einer renzension über alice millers buch „revolte des körpers“. sicherlich haben sie sich dabei etwas gedacht, eugen sorg mit leeren worthülsen blindwütig auf eine alte frau schießen zu lassen. was bezweckt dieser mann mit seinen aussagen? will er behaupten, dass wir alle glückliche kindheiten hatten und dass das böse der welt wie ein fluch aus unbekannter herkunft über uns menschen kam? ist das ihr ernst, solch einem menschen in aller öffentlichkeit seine emotionale verkrüppelung zu offenbaren?

 

was hat denn alice miller getan? sie setzt sich für misshandelte kinder ein und zeigt die folgen auf, die die ganze gesellschaft durchziehen bis hin zu ihrem blatt. was beabsichtigen sie mit diesem pamphlet? glauben sie wirklich daran, dass der papst ein unfehlbarer mensch sei, dass kultur nur ausdruck ihrer selbst sei bar eines jeden grundes, dass eltern per se die besseren menschen seien, dass die neuesten erkenntnisse der hirnphysiologie wissenschaftlicher unsinn seien? ist das ihr ausdruck von mitverantwortung, die sie unzweifelhaft als öffentliches sprachrohr haben? gehört es bei ihnen zum guten ton, engagierte menschen zu desavouieren?

 

merken sie nicht, dass sorg die etablierten autoritäten schont und all die menschen, die zurecht revoltieren, mit kühlem intellekt angreift? er mag sich in seiner emotionalen eiszeit einigeln, dann sollte er aber nicht seine psychische verkrüppelung auch noch öffentlich feiern. beweist sorg nicht nur seine psychische sondern auch seine kognitive verkrüppelung, wenn er scharlatane mit alice miller in verbindung bringt? warum lassen sie solch einen mentalen „bluthund“ auf eine alte frau los, die doch nur das wort den kindern gibt.

 

offenbar haben sie sich dazu entschieden, im chor der „blinden“ mitzusingen. informieren sie sich besser, bevor sie wieder einen menschen wie sorg gegen die menschheit argumentieren lassen. für mich als fühlenden menschen hat ihre zeitung einen unheimlichen eindruck hinterlassen.

 

gruß aus deutschland

michael dressel